Cottbus
(tr). Cottbus: Stillgestanden! hieß es diese Woche
beim Geschichtsstammtisch im PresseCafé DoppelDeck. Als Gast
referierte Friedrich-Wilhelm Parlow, Oberstleutnant a.D., über
die städtische Militärgeschichte. Der gebürtige Wismaraner
leistete von 1962 bis 1983 seinen Dienst in der Kaserne in der Hermann-Löns-Straße,
hat heute dort seine Vereins-Schreibstube.
1716 statt 1868
Der Militärhistoriker räumt mit der Annahme auf, daß
die Spreestadt erst seit 1868 Garnisionsstadt sei, wie auf einer
Tafel an der Alvenslebenkaserne in der Karl-Liebknecht-Straße
zu lesen steht. Ins Jahr 1716 führt die Garnisionsspur, als
nämlich Soldaten, die vom Nordischen Krieg kamen, in Cottbus
einquartiert wurden. Der Begriff Garnision kommt aus
dem Französischen und bedeutet soviel wie Belegung,
klärt Friedrich-Wilhelm Parlow auf. Der Oberstleutnant a.D.
würde es sich wünschen, wenn auf einer neuen Tafel die
Fakten richtiggestellt würden.
In Cottbus wurden zunächst zwei behelfsmäßige Kasernen
eingerichtet, deren Räumlichkeiten die Unternehmer Görgis
und Brannaschk zur Verfügung stellten. Die beiden Objekte befanden
sich in der Gildenstraße (Sandow) sowie auf dem
Gelände des ehemaligen Schlachthofes. Die Stadt war verpflichtet,
Truppen mindestens in Bataillonsstärke unterzubringen. Die
Soldaten wurden zunächst bei verschiedenen Bürgern einquartiert,
wobei die Soldatenstuben stets zur Straßenseite zeigten, damit
der morgendliche Weckruf nicht verpaßt wurde.
Die legendären 52-er
Anno 1886 rückten die ersten Bataillone des Infanterie-Regimentes
Nr. 52 in die neue Kaserne in der heutigen Karl-Liebknecht-Straße
ein. Die 52-er wurden vor allem durch ihren Einsatz
in der Schlacht von Verdun im Ersten Weltkrieg bekannt.
Noch ein Prozent
Heute befinden sich noch 53 Soldaten in Cottbus; in ihren Glanzzeiten
als Garnisionsstadt lebten über 6 000 Uniformierte hier. Die
Kasernen und ihr Innenleben aber gehören zur Stadtgeschichte,
auch wenn mit Begriffen wie Groß Deutschland und
verschiedenen Wehrmachtsgrößen negative Aspekte verknüpft
sind. Auch die Periode der Besatzung durch die Sowjetarmee und die
NVA-Geschichte gehören korrekt in die Geschichtsbücher.
Das erfordert noch viel Arbeit, ist sich der Initiator des Arbeitskreises
Garnisionsgeschichte sicher. Sein Debüt auf dem Gechichtsstammtisch-Podium
sollte Interessenten für das weite Thema mobilisieren. Besucht
war der Abend sehr gut; vielleicht kann aus der Fülle des Stoffes
ein weiterer Abend nachfolgen. |
Friedrich-Wilhelm Parlow,
Oberstleutnant a.D. (r.) gab Moderator Steffen Krestin und dem reichlich
erschienenen Publikum einen Abriß über die Cottbuser
Militärgeschichte. Parlow ist Initiator des rührigen Arbeitskreises
für Garnisionsgeschichte von Cottbus
Foto: J.
Haberland |