Jänschwalde
(ha). Höhenangst kennt keiner der 14 Arbeiter auf dem interessantesten
Schornstein in unserer Region. Gerade noch 70 Meter mißt der
geschrumpfte Schlot im Kraftwerk Jänschwalde. Die Firma TVF
Thyssen-VEAG Flächenrecycling GmbH aus Lübbenau baut seit
Juli den ersten der drei überflüssig gewordenen Schornsteine
zurück. Jetzt stehen die Bagger kurz vor dem Ende: in spätestens
drei Wochen haben sie die 50 Meter-Marke erreicht und damit ihre
Arbeit getan. Den dicken Rest, die Schlotwand ist zu ebener Erde
stattliche 65 Zentimeter dick, übernehmen die klassische Abrißbirne
und ein Seilbagger. Das massive Fundament bleibt in der Erde, die
Hohlräume wurden bereits mit Abbruchmaterial aufgefüllt.
Stumpf ist Neuland
Der Abriß des Stumpfes wird noch einmal eine Herausforderung
für das Unternehmen. Für solch ein Vorhaben gibt
es noch keine Erfahrungen. Immerhin sind 50 Meter Höhe auch
nicht zu verachten, da kann auch ein kleines Betonstück zum
Geschoß werden.
Doppelte Schicht
In zwei Schichten arbeiten jeweils sieben Arbeiter auf dem Schlot.
Die drei Bagger sind so bis auf die Umsetzungspausen ständig
im Einsatz. Auch bei Regen und Schnee. Nur der Wind kann den Arbeitern
einen Strich durch die Rechnung blasen. Wenn hier Böen
ab gut 50 Kilometer pro Stunde drüberfegen, wird es einfach
zu gefährlich, erklärt Bauleiter Harald Schröder.
Sicherheit steht an oberster Stelle, deshalb gibt es auch
bei uns keine festen Termine. Aber mit etwa 8 Monaten haben wir
für den Rückbauu gerechnet.
Harter Biß
Die Spezialzangen der drei Bagger müssen jeden Tag auf Risse
untersucht werden. Um regelmäßig auftretende Risse ohne
Pausen reparieren zu können, gibt es eine vierte Zange. Die
Backen können eine 80 Zentimeter dicke Betonmauer fassen und
samt Wehreisen durchbeißen. Ein Vorteil gegenüber am
Boden üblichen Abbruchzangen, wo anschließend das Eisen
extra getrennt werden muß.
Jugendlicher Schlot
Eigentlich war der Schornstein im besten Alter, nur 14 Jahre verhalf
er den Abgasen in 300 Meter Höhe. Am 21. März 1981 wurde
der Block A und damit dieser Schlot in Betrieb genommen, schon am
24. März 1995 wurde er wieder kalt. Grund war die neu gebaute
Rauchgasentschwefelungsanlage, die nun die Ableitung über die
Kühltürme ermöglichte. |
Vom Dach des benachbarten Kesselhauses kann man bereits gut die
Bagger beobachten. Das Kesselhaus, wo die Kohle zerkleinert und
verbrannt wird, ist 77 Meter hoch, der einstige 300 Meter hohe Schlot
mißt gerade noch 70 Meter
Fotos: Haberland
Die abgeknabberten koffergroßen Betonstücken lassen die
drei Bagger mit einem lauten Krachen einfach mitten in den Schlot
fallen. In Pausen holt ein Radlader den Abbruch aus der einstigen
20 Meter hohen Gaszuleitungsöffnung |