Herbert
Knoblich (Jahrgang 39) erzählt an diesem 97. PolitPiano-Abend
viel von Kindheit und Jugend. Er fühlt sich als Lausitzer Junge,
geriet aus dem schlesischen Jauer sechsjährig nach Sergen in
die Heuboden-Unterkunft, kam am 1. August 1945 in die Zwei-Klassen-Schule,
später zur Penne in die Cottbuser Puschkinpromenade,
von da zum Studium an die Dresdener Hochschule.
Das Bemerkenswerte: Knoblich spricht schwärmerisch von seinem
Dorfschullehrer, hat seine Nummer im Handy (Ich könnte
ihn jetzt anrufen, hab erst gestern mit ihm gesprochen).
Er habe enorm viel gelernt: Ich kann noch jetzt handschriftlich
die Wurzel ziehen, sagt er und weiß, daß er auch
von den metaphorischen Wurzeln spricht, die für ihn hier in
der Lausitz liegen. Und hier habe ich noch gelernt, daß
es Pflichten gibt, denen man sich nicht entziehen darf. Er
kommt später darauf zurück, wenn er von Promotion und
Habilitation als Physiker spricht und von den Grenzen für Parteilose
und davon, daß er trotzdem nie den Gedanken hatte, die DDR
zu verlassen. Die Pflicht...
Knoblich war in Neuzelle von 1961 bis 70 Physik- und Mathelehrer,
ging dann nach Potsdam in die Forschung, die Schule aber fasziniert
ihn bis heute. Wäre ich Bildungsminister, wären
wir heute nicht in der Situation, in der wir sind, braust
er ein bißchen auf und beruhigt sich bald. Du machst
den Präsidenten, hatte ihm Stolpe gesagt, als die Zeit
reif war und einer gebraucht wurde mit Reife. Die Lausitzer Pflicht-Prägung
wirkte. Ich wurde vom Leithammel der starken Fraktion zum
Leithammel der ganzen Truppe.
Heute konstatiert er: Mein Leben ist Verwaltung, Schnittstelle sein
zwischen Politik und Verwaltung. Und immer treibt ihn um, was die
Dorfschule ihm gab. Zum Beispiel das Gefühl für die Sprache.
Sie stellen sich nicht vor, was da zu Papier kommt und meine
Unterschrift will! Noch in der dritten Fassung haarsträubend.
Wie will einer Goethe begreifen, wenn er die deutsche Sprache nicht
versteht!
Im Amt hat der Präsident neutral zu sein; ohne Meinung muß
er nicht leben. Die hat er lautstark kundgetan zu den Eingemeindungen.
Schlimm, sagt er, daß Abgeordnete dafür stimmten,
daß Kiekebusch, Gallinchen und Groß Gaglow zu Cottbus
kommen, ohne wenigstens Namen der Orte zu kennen, die nun für
Neuhausen verbleiben. Er ist gegen dauernde Strukturänderungen,
auch gegen eine Fusion mit Berlin. Die untergräbt den keimenden
Brandenburg-Stolz.
Hintergrund:
Seit Oktober 1992, von
Beginn seiner Wiedergründung an also, steht Dr. Herbert Knoblich
dem Landtag ununterbrochen vor.
Anfangs war der bunter und spannender erinnert
er sich; da waren FDP und die Grünen noch dabei, dann gab es
eine rote absolute Mehrheit, jetzt regiert eine Große Koalition:
36 SPD-Abgeordnete, 25 CDU, 22 PDS, 5 DVU. Die Aufgaben des Präsidenten
sind vielfältig, vor allem aber: Er wahrt die Würde
und die Rechte des Landtages, fördert seine Arbeit und leitet
die Verhandlungen des Landtages gerecht und unparteiisch.
Er ist außerdem auch Arbeitgeber: er ernennt und entläßt
die Beschäftigten des Landtages (derzeit 141). Außerdem
übt er das Hausrecht und die Polizeigewalt im Landtagsgebäude
aus. Letzteres wird wenig nötig, trotz der jährlich 10
000 Besucher im Haus. |
Der Mann mit der Parlamentsglocke: Brandenburgs Landtagspräsident
Dr. Helmut Knoblich präsentierte sich Donnerstag als ein
Junge aus Sergen, der die gute alte Penne in der Cottbuser
Puschkinpromenade absolvierte
Fly Me to the Moon, spielte FHL-Student Mirko Siebert
auf dem Salonflügel. Diesen Wunsch erfüllt der Landtagspräsident
nicht, obwohl er versierter Flieger ist, vergangenes Jahr letztmals
am Steuerknüppel saß. Den Kopf müsse er dafür
nicht frei haben, denn man fliegt mit dem Hintern, lehrte
er die Hörer
Sparsamkeit bis zur Askese? Hier übertreibt Knoblich die parlamentarische
Vorbildwirkung. Er bestellt trockenes, hartes Brot und
beharrt darauf. - Es wurde ihm gebracht. Aufwändig in der Röhre
getrocknet |