aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH
Landschaft & Laptop
Hübner baut die Stadt und das Denken um
Klaus-Dieter Hübner hatte sich zur Bürgermeisterkandidatur eher überreden lassen; die Zustimmung von mehr als 50 Prozent im ersten Wahlgang überraschte und ließ ihn hohen Erwartungsdruck spüren: hier mußte er antreten. Er tat es in Unternehmer-Manier. Seine Vision: Zügiger Stadtumbau, Parklandschaft statt leerstehender Platten, die Mitarbeiter sind mit Laptop unterwegs und managen das Unternehmen Guben ohne Informationsverluste. Wirtschaftsförderung ist nicht Amts- sondern Chef- und Unternehmenssache, erfolgshonoriert.
Inzwischen ging einige Zeit ins Land, Guben macht Schlagzeilen.
1300 Plattenbauten sind abgerissen, so wirtschaftlich wie nirgends. „Den Beton holen Holländer zum Dammbau“, sagt er. „In der Nähe werden zwar Oderdämme saniert, aber richtig rechnen können wohl nur die Holländer.“ Und der Rück-bau der Medien? „Das Zeug bleibt drin“, sagt Hübner. Er will Land zwischen der Platte nicht zu Bauland mit Sozialkonflikten machen, sondern zu Landschaft. Die Bäume stört ein Fernheizungskanal samt Wasserrohr in drei Meter Tiefe nicht, und wenn mal andere Nutzungen erforderlich würden, wäre dann über „das da unten“ nachzudenken. Der gelernte Wärmetechniker hat ohnehin den Verdacht, daß sich Versorgungsunternehmen beim Rückbau aus den erheischten Fördermitteln selbst sanieren möchten. „Die haben mit den Leitungen gutes Geld verdient, aber nie Rücklagen für Sanierungen gebildet. Daß für ihre Leitungen der Bedarf schwindet, wußten die seit über zehn Jahren“, klärt Hübner auf.
Für das „Grobe Ganze“ im Grenzstadtumbau gibt es das Forschungsprojekt „Stadt 2030“. Es geht von einer Gubener „Zweiheit“ auf Dauer aus, auch wenn die Zwillingsstadt ab Mai „Drehpunkt der Europaachse Madrid-Moskau ist. Guben wird sich stark entwickeln (ohne Kürzung von Landeszuwendungen im Dezember 2003 hätte Guben jetzt einen ausgeglichenen Haushalt!), Gubin wird nicht schritthalten können. „Die Polen müssen sich uns anpassen, integriert werden wollen sie nicht; die haben zum Beispiel ganz andere Vorstellungen vom Wohnen als wir“, wiegelt Hübner die laienhaften Vorstellungen von einem binational verschmelzenden Guben ab. So wächst jetzt nach Fabrikabriß hochwertiges Wohnen auf Neißeterrassen mit grenzüberschreitender Fußgängerbrücke, die in den Gubiner Freizeitraum führt.
Wichtigster Erfolg: Die Gubener akzeptieren die umgebauten Wohngebiete, bleiben gern hier.
Wenn wirtschaftliche Projekte greifen, die derzeit - mit aller nötigen Diskretion - im italienischen Raum um Vernedig angebahnt werden, startet Guben durch. Hübner wird dann Gubener bleiben - aber nicht in der Politik, keinesfalls!

Hintergrund:

Guben, ersterwähnt 1235, ab 1635 kursächsich, seit 1815 preußisch, hatte seine Blütezeit ab Mitte des 19.Jahrhunderts bis zum II. Weltkrieg durch starke Textil- und Hutindustrie, ähnlich wie Cottbus. Die Stadt war ansehnlich, hatte ein eigenes Theater (bis 1950) und lockte mit seiner Baumblüte in den Bergen östlich der Neiße Touristen von weit her.
Kriegsfolgen teilten Guben; es entstand die einzige östliche Grenzstadt, deren ehemaliges Zentrum auf polnischer Seite liegt. Der polnische Teil stagnierte, im deutschen Guben entfalteten sich Chemie-, Textil- und Hutindustrie. Um 1990 hatte die Kreisstadt Guben (ab 1961 Wilhelm-Pieck-Stadt Guben) etwa 35 000 Einwohner, Gubin, zum schlesichen Kreis Grünberg gehörend, etwa 17 000. Der wirtschaftliche Abbruch führte zu drastischem Einwohnerschwund. Die deutsche Stadt hat heute etwa noch 23 000 Einwohner.
Klaus-Dieter Hübner - Gubens Bürgermeister - machte Spaß im Politpiano
Fachlich souverän, etwas schlitzohrig, gelegentlich witzig und immer auch gelassen - so gibt sich Klaus-Dieter Hübner (52, FDP), Bürgermeister von Guben. Geboren in Bärenklau bei Guben, absolvierte er zur Kfz-Schlosserlehre das Abitur, studierte Ingeneur-Anlagenbau, später an der TU Dresden Fernwärmetechnik, dann in Nürnberg Wirtschaftswissenschaften und nennt als „Lehrplätze des Lebens“ vor allem den Aufbaustab der Brauerei Frankfurt in den 1980er und die Sachsen-Treuhand in den
1990-er Jahren
Foto: Haberland
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