aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH
Auf Inhalte setzen, weniger auf Parteien
Tobias Pflüger aus Schwaben kämpft mit der PDS für sozialere EU-Verfassung

„Wenn Du dagegen bis, mußt Du es auch begründen können.“ Dieser Anspruch seines Vaters wurde dem Pfarrerssohn und jetzigem Europaabgeordneten Tobias Pflüger zum Lebensmaxime. Und Pflüger ist gegen vieles, vor allem gegen die zunehmende Militarisierung in der Europäischen Union.
Sein Schlüsselerlebnis hatte er bereits mit 15 Jahren: Pflüger fand ein Fotoalbum seines Großvaters, der als Fotograph bei der Wehrmacht in der Sowjetunion dabei war: „Dagegen sind die Bilder in der Wehrmachtsausstellung völlig harmlos“. Doch sieht sich Pflüger weniger als Pazifist („Die wirken so, als ob sie gar nicht tun wollen“), sondern mehr als Antimilitarist, denn „schließlich muß man bei der heutigen Politik einfach Aggression haben“. Seine antimilitaristische Einstellung führte Tobias Pflüger zur PDS: „Sie ist die einzige Partei, die von Beginn an eine klare Antikriegsposition verfolgt“.

Übrigens kam die PDS in seiner schwäbischen Heimatstadt Tübingen bei Kommunalwahlenbei Kommunalwahlen auf 8,6 Prozent. Pflüger kennt den Grund: „Da gibt es richtig gute Kommunalpolitiker“.
Doch besonders parteientreu ist der (parteilose) Europaabgeordnete nicht: „Mir geht es um Inhalte, nicht um Parteibücher“. So gehörten Pflügers Sympathien einst den Grünen. Er plaudert aus dem „Nähkästchen“: „Ein Freund sagte kürzlich zu mir: ‘Tobias, du warst doch mal am rechten Rand der Grünen. Jetzt sind längst alle an dir vorbeigerannt’. Ich bleibe nur Inhalten treu“. Diese Aussage bewahrheitete sich spätestens mit den Kriegen in Ex-Jugoslawien, wo auch die Grünen einem Einsatz der Bundeswehr zustimmten.
Doch auch in der europäischen Sozialpolitik sind für Tobias Pflüger die Grünen nicht mehr tragbar, da sie voraussichtlich dem EU-Verfassungsentwurf zustimmen werden. „Lesen Sie sich mal diesen 852 Seiten starken Wälzer durch. Dort sind Passagen zu finden, in denen es heißt: `Die militärische Struktur der Mitgliedsstaaten muß schrittweise verbessert werden´. Damit ist die Aufstellung einer Angriffstruppe und somit ein Angriff gegen das Grundgesetz verbunden“.

Außerdem bemängelt Tobias Pflüger die schleichende Abschaffung sozialer Grundsätze. Den meisten EU-Fraktionen bescheinigt er „Angst, über die Inhalte mit ihren Konsequenzen zu reden“. Aller Voraussicht nach wird lediglich die linke EU-Fraktion der Verfassung nicht zustimmen. Das Hauptproblem sieht der Pfarrerssohn darin, daß „die Reichen Verzicht predigen“, ganz nach Heines „Predigen Wasser und trinken Wein“.
Pflüger ist derzeit vor allem auf Montags-Demos deutschlandweit unterwegs.

Hintergrund

Tobias Pflüger wurde am 1. Februar 1965 in Stuttgart als Sohn eines Pfarrers und einer Katechetin geboren. Pflüger legte 1985 in Nagold (Nordschwarzwald) sein Abitur ab. Danach folgte ein Studium der Politik- und Kulturwissenschaft in Tübingen. Seit den 80er Jahren ist er aktives Mitglied in der Friedens- und Anti-Atom-Bewegung. Pflüger zählt zu den Mitbegründern der 1996 entstandenen Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. Zudem gehört Tobias Pflüger der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner) und zahlreichen weiteren Organisationen an. Im Juni 2004 wurde der parteilose Schwabe für die PDS ins Europaparlament gewählt.

Voraussichtlich am 29. Oktober 2004 werden die Regierungschefs in Rom den ersten Verfassungsentwurf der Europäischen Union unterzeichnen. Damit ist jedoch der Verfassungs- entwurf noch nicht beschlossen. Dann beginnt der Ratifizierungsprozeß in allen EU-Staaten. In Deutschalnd wäre aus diesem Anlaß ein Volksentscheid denkbar. Hierzulande gibt es inzwischen erheblichen Widerstand gegen die EU-Verfassung. Anlaß bilden die geforderte Aufrüstung sowie der geplante Sozialabbau.


„Es kann doch nicht wahr sein, daß deutsche Arbeitslose als Sicherheitskräfte in den Irak geschickt werden. Zwar verdienen sie 2 000 Euro pro Tag (!) doch ist das eine überaus abenteuerliche Mission“, erregt sich Tobias Pflüger. Derartzig Job seien aber begehrt
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