Der
Countdown läuft: nur noch 27 Tage trennen uns von der bislang
größten Erweiterung der Europäischen Union. In der
Lausitz wie beim polnischen Nachbarn halten sich Hoffnungen und
Ängste die Waage. Czeflaw Fiedorowicz, polnischer Präses
der Euroregion Spree-Neiße-Bober, bringt es auf den Punkt:
Polen wird nach dem 1. Mai die EU-Ordnung ein bißchen
durcheinander bringen, aber deshalb sind wir noch lange keine Verbrecher.
Genau davor haben aber die Deutschen Angst: Besonders in existieren
Unsicherheitsgefühle in bezug auf die Kriminalität,
ergänzt Estera Lindner-Kuhlmann vom Deutsch-polnischen Eurozentrum
Guben (DPE). Estera Lindner-Kuhlmann hilft deutschen Unternehmen,
die in Polen investieren wollen mit Rat und Tat. Die gebürtige
Oberschlesierin lebt seit 20 Jahren in Deutschland. Vertrauen,
so sagt sie, sei ihr größtes Kapital. Als
Beispiel führt Estera Lindner-Kuhlmann die geglückte Kooperation
einer Forster Textilfirma mit mehreren polnischen Partnern an. Über
400 Unternehmen führte sie zum polnischen Markt.
Das Argument, daß nach der Osterweiterung viele junge
Leute auswandern werden, kommt von den EU-Gegnern, stellt
Czeflaw Fiedorowicz klar. Und weiter: Im Gegensatz zu den
Türken, die in Deutschland ein Stück Türkei errichten
wollen, integrieren sich Polen oder kehren in ihre Heimat zurück.
Problematisch sei das enorme Lohngefälle. Sehen Sie,
meine Frau verdient als Lehrerin 400 Euro im Monat. Welcher deutsche
Lehrer würde dafür arbeiten gehen?, argumentiert
der Präses und gleichzeitige Sozialdezernent aus Zielona Góra.
Czeflaw Fiedorowicz bedauert, daß auch nach dem 1. Mai die
Grenzen noch nicht geöffnet werden: Das ist ungerecht;
man stuft uns als Menschen zweiter Klasse ein. Zudem müßten
mindestens doppelt so viele Grenzbrücken gebaut werden,
wie heute existieren. So ist beispielsweise die Große
Neißebrücke in Forst bis heute eine Kriegsruine.
Die Euroregion wird sich auch nach dem 1. Mai am Markt behaupten,
ist sich Estera Lindner-Kuhlmann sicher. Deutsche und Polen wollen
gemeinsam für Finanzmittel aus Brüssel kämpfen, denn
mit deutscher Gründlichkeit und polnischer Spontanität
sind wir in Europa einsame Spitze, so Czeflaw Fiedorowicz,
der acht Jahre Bürgermeister in Gubin war. |
Die Polen wollen gar nicht, daß ihr Land so gut aussieht
wie Deutschland, so Estera Lindner-Kuhlmann im Gespräch
mit Euro-Präses Czeflaw Fiedorowicz
Bald wird die Grenzlinie zwischen den deutschen und polnischen Gebieten
der Euroregion Spree-Neiße-Bober an
Bedeutung verlieren |