aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Hinter Schloß und Riegel
Von und aus einem Gebäude, daß vielen Cottbusern noch immer Angst einflößt

„Zum Richterberuf muß man sich berufen fühlen. Eine Karriere ist hier kaum möglich. Und es müssen Urteile gefällt werden, die den Betroffenen sehr wehtun“, charakterisiert Wolfgang Rupieper, Direktor am Amtsgericht Cottbus, seinen Berufsstand. Er selbst wollte zunächst nicht Richter, sondern Rechtsanwalt werden, doch fiel die Entscheidung dann zugunsten der schwar-zen Robe. Tief aus dem Westen der Republik brach Wolfgang Rupieper 1991 in die Lausitz auf, um „Aufbauhilfe Ost“ bei der Neustrukturierung der hiesigen Justiz zu leisten. Obwohl der Mann aus dem Ruhrgebiet zur ehemaligen DDR keinerlei Beziehungen hatte, wurde er doch, zunächst in Lübben, herzlich empfangen. Damals wußte Rupieper noch nicht, ob „es nur für zwei Wochen oder viele Jahre ist“. 1996 übernahm er den Vorsitz am Cottbuser Amtsgericht und fühlt sich in der Stadt „sehr wohl“. Das Amtsgericht selbst zeigt sich für 80 Prozent aller Rechtsstreitigkeiten zuständig. Sehr negativ wirkt sich dabei die von Jahr zu Jahr schrumpfende Personaldecke aus. So muß ein Richter pro Jahr in bis zu 900 Fällen entscheiden. Das ergibt zwei Fälle pro Tag, rechnet Wolfgang Rupieper vor. Zumal sind die Sachverhalte oftmals komplizierter geworden. „Aber es gab schon mal schlimmere Zeiten“, versucht der Direktor zu beruhigen. Das Cottbuser Amtsgericht stellt mit 27 Richtern und insgesamt etwa 220 Mitarbeitern die zweitgrößte Einrichtung seiner Art in Brandenburg dar. Durch das wenige Personal und den daraus resultierenden enormen Zeitdruck sind Fehlurteile nicht völlig ausgeschlossen. Der Richter unterliegt lediglich seinem Gewissen und dem Gesetz. Daher „sollte man über manche Entscheidungen zwei bis drei Nächte schlafen“, empfiehlt Wolfgang Rupieper.
Doch wie sicher stellt sich nun die Lausitzmetropole Cottbus dar? „Also, Cottbus ist objektiv gesehen eine sichere Stadt“, versucht der Direktor des Amtsgerichtes zu beschwichtigen. Doch vom subjektiven Aspekt ist diese Sicherheit weniger ausgeprägt. „Besonders ältere Leute haben Angst“, weiß Rupieper aus eigenen Erfahrungen zu berichten. „Oftmals trauen sie sich nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr auf die Straße, da sie befürchten, überfallen und ausgeraubt zu werden. Fragt man die Senioren jedoch nach solchen konkreten Fällen aus ihren eigenen Reihen, macht sich oft Kopfschütteln bemerkbar. Zumeist haben die Rentner von solchen Überfällen lediglich aus den Medien Kenntnis erhalten“, erzählt Rupieper. Immens wichtig seien Polizeipräsenz und eine funktionierende Straßenbeleuchtung. Besonders bedrückend findet Wolfgang Rupieper, daß insbesondere bei Jugendlichen immer die gleichen Täter vor Gericht stehen. „Diese Straftäter kann man nur über die Kunst oder den Sport erreichen“. So war er Mitautor eines aus Gerichtsakten konstruierten „Echtstückes“ zur Ausländerfeindlichkeit. Nach den Aufführungen gab es stets lebhafte Diskussionen, „manche Schüler outeten sich gar“, errinnert sich der Amtsgerichtsdirektor. Im September soll das Stück wieder aufgeführt werden. Ein heikles Thema bildet für Rupieper die DDR-Rechtssprechung: „Man muß zwischen den Normalkriminellen und den politisch Kriminalisierten unterscheiden“. Bei den Normalkriminellen waren die Urteile zumeist „O.K.“, doch bei den aus politischen Gründen Angeklagten handelte es sich um „eindeutige Willkür“. Wolfgang Rupieper weiß von Menschen zu berichten, „die deshalb bis heute das Amtsgericht nicht mehr betreten haben und es auch nicht tun werden“.


Karow & friends im Presse-Café DoppelDeck
Endlich wieder zu Gast im Polit Piano: Sänger und Gitarrist Torsten Karow (li.) mit Sängerin Sarah sowie dem Pianisten Ilja Panzer. Zu hören war unter anderem die sehr emotionale „Erinnerung“ aus dem Musical „Cats“
Fotos: J. H.
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