Keine
Angst, ich gehe der Lausitz nicht verloren. Ich bin seit 13 Jahren
Lausitzer und werde es bis zum Lebensende bleiben, beruhigt
Ulrich Freese, SPD-Landtagsabgeordneter und einstiger Unterbezirkschef
des Spree-Neiße-Kreises, die Bürger. Wäre es nur
nach seinen Parteifreunden gegangen, würde Ulrich Freese wahrscheinlich
schon seit neun Jahren fernab der Lausitz im Bundestag sitzen. Sein
Rücktritt als Unterbezirksvorsitzender verlief in geordneten
Bahnen, erhabe das Amt nicht hingeschmissen, stellt
Freese klar. Seinen Rückzug begründet der SPD-Landtagsabgeordnete
unter anderem mit den Querelen um die Gemeindegebietsreform, konkret
den geplanten Zwangseingemeindungen von Kiekebusch, Gallinchen und
Groß Gaglow nach Cottbus. Dadurch wird der Landkreis
geschwächt, aber Cottbus nicht gestärkt, ist sich
Ulrich Freese sicher. Ich finde die Eingemeindungen völlig
in Ordnung, sagt Marion
Hadzik, die Vorsitzende der CDU/DSU-Fraktion in der Cottbuser Stadtverordnetenversammlung
bestimmt. Zwar gebe es noch Nachholebedarf bei den bereits 1993
eingemeindeten Orten, doch werden Gallinchen, Groß Gaglow
und Kiekebusch dem Stadtparlament Stärkung verschaffen.
Ein seit längerer Zeit heiß diskutiertes Thema befaßt
sich mit der geplanten gemeinsamen Region Cottbus-Spree-Neiße.
Das Cottbus dann der Verwaltungssitz werden müsse, ist für
Marion Hadzik völlig klar. Die Lausitzmetropole mit der Kreisverwaltung
würde in diesem Fall den Leuchtturm der Region
darstellen, ist sich die Fraktionsvorsitzende sicher. Eigentlich
hätte Cottbus bereits 1993 Kreisstadt des Spree-Neiße-Kreises
werden können, wenn sich der damalige Oberbürgermeister
Waldemar Kleinschmidt nicht dagegen gesträubt hätte,
erzählt Ulrich Freese. Und weiter: Noch heute ist besonders
in der Stadtverwaltung dieses alte Bezirksstadtdenken ausgeprägt.
So habe die Spreestadt in bezug auf ein gemeinsames Abfallkonzept
mit dem Landkreis geschlafen, getreu dem Motto wenn
es nicht hauptsächlich unserer Stadt dient, machen wir nicht
mit. Jedoch ist der Landtagsabgeordnete für die Zukunft
guten Mutes: Wenn sich das Regionalmodell Cottbus-Spree-Neiße
positiv entwickelt, könnte es eine Vorbildfunktion für
andere Re- gionen in Brandenburg ausüben. Angesichts
leerer öffentlicher Kassen wird stets das kreative Denken
der städtischen Verwaltung angeregt, erzählt Ulrich
Freese. Es geht um einen möglichen Modellversuch Porto
Alegre in Cottbus, angeregt durch die SPD-Stadtverordnete
Dr. Martina Münch.
Dabei sollen die Bürger auf verschiedenen Gebieten, beispielsweise
im Kulturbereich, direkt mitentscheiden können, wo das knappe
Geld eingesetzt werden soll. Ulrich Freese kann den Erfolg dieser
Methode in der namensgebenden südbrasilianischen Millionenstadt
bestäti- gen. Auch Marion Hadzik hält Mitbestimmung für
immer gut. Sie betont jedoch, daß seit Jahren
Bürgerbeteiligung in Fragestunden oder Ausschüssen praktiziert
wird, leider nur mit sehr geringer Resonanz. Und Freese
betont, daß es mit diesem Modell bei vielen Sachverhalten
ganz andere Entscheidungen gegeben hätte.
Hintergrund:
Mit der Kreisgebietsreform, welche am 5. Dezember 1993 im Land Brandenburg
in Kraft trat, verschwanden die bisherigen 38 Landkreise sowie zwei
der sechs Stadtkreise. Diese Strukturen wurden bei der Bezirksbildung
in der DDR im Sommer 1952 geschaffen. Ursprünglich nahmen die
sieben Landkreise Cottbus, Guben, Sorau, Spremberg, Calau, Lübben
und Luckau sowie die Stadtkreise Forst und Guben das historische
Gebiet der Niederlausitz zwischen Schwarzer Elster im Westen und
Bober im Osten ein. Die Kreisgebietsreform vor einem Jahrzehnt war
monatelang ein heiß umstrittenes Thema. Damals bestand die
Möglichkeit, Cottbus als Kreissitz in den Spree-Neiße-Kreis
zu integrieren. Der SPN-Kreis selbst wurde aus den Altkreisen Cottbus-Land,
Spremberg, Forst und Guben (mit Widerwillen) gebildet. Der von den
Gubenern favorisierte Oder-Neiße-Kreis mit Eisenhüttenstadt
konnte sich nicht durchsetzen. Um die Kreisstadt wurde hart gerungen.
Letzlich erhielt Forst aufgrund seiner geographischen Lage den Zuschlag.
Bis zum Jahr 2008 soll eine gemeinsame Region Cottbus-Spree-Neiße
realisiert sein. Noch völlig unklar ist aber, welche Form beziehungsweise
welchen Status diesem Gebiet zuteil wird.
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Pianist Hans-Wilfrid Schulze-Margraf folgt der heißen
Debatte zur Eingemeindungs- Problematik. Die wuchtig-melancholischen
d-moll Klänge aus der Sarabande von Händel könnten
für die Dramatik der Eingemeindungen stehen
Foto: J.H.

Ein prominenter Gast war der Landrat des Spree-Neiße-Kreises,
Dieter Friese,
ebenso wie Ulrich Freese SPD-Mitglied
Foto:T.R. |