Cottbus
(gg). Die Autogrammkarten, die Rüdiger Joswig am Montag im
Künstlerstammtisch verteilte, zeigen ihn als Kapitän der
Albatros - seine Rolle als Kapitän Holger Ehlers
in der ZDF-Serie Küstenwache ist allgegenwärtig.
Der geborene Anklamer bedient damit gern das Klischee, er hat kein
Problem damit, sagt er, daß er für das deutsche Fernsehpublikum
inzwischen der Bootskommissar ist. Allerdings will er sich die Chance
auf andere Rollen offenhalten, ein Angebot für die Rolle des
Traumschiff-Kapitäns lehnte er deswegen ab, zu sehr hätte
ihm das den Stempel aufgedrückt, meint er heute.
Bei seinen Erzählungen über Drehtermine in Afrika oder
in der Karibik kommt er dennoch ins Schwärmen: Unbeschreiblich
schön, aber am eindrucksvollsten waren für mich die
Dreharbeiten 1972 in Russland - solche Gastfreundschaft hab ich
hinterher nicht mehr erlebt!
Nicht alle guten Erinnerungen, also an seine Zeiten als DEFA-Star,
sind verblaßt, obwohl sie überschattet werden vom schmerzhaften
Abschied. Nach über 30 erfolgreichen Filmen für DEFA und
DFF verläßt Joswig 1987 die DDR per Ausreiseantrag. Und
das, obwohl er jung noch ein glühender Kommunist war und bei
Dreharbeiten in München aggressiv für die sozialistische
Idee warb - nur deshalb durfte er wohl drüben drehen, nur deshalb
flog er aber auch aus den Wirtshäusern der Bayernhauptstadt.
Nach seinem Wechsel nach Berlin-West schafft er den Sprung in die
Schauspielerei wieder über die Arbeit beim Rundfunk und ohne
Klinkenputzen. Ich wollte ja unbedingt rüber - da war
ich genügsam, hätte mich auch mit einer Kellerwohnung
in Kreuzberg begnügt, erzählt er. Die wurde es nicht
- es wurde ein steile Karriere, die bis heute die Vorabendzuschauer
des ZDF unterhält.
Nebenher hält er sich die Termine frei, an denen er auf der
Bühne arbeiten will. Für eine Produktion mit seiner Ehefrau
Claudia Wenzel zu einem erotischen Stück für zwei mußte
Kapitän Ehlers kürzlich ins Koma fallen. Auch für
kommende Projekte werden sich die Produzenten etwas einfallen lassen
müssen.
Die Theaterlandschaft interessiert ihn lebhaft, wißbegierig
liest er die Kritiken über seine Cottbuser Ex-Kollegen in Berliner
Zeitungen, hat aber auch Kritik: In den Theatern muß
ein Umdenken passieren - da fließt zuviel Geld für zuwenig
wirkliche Theaterarbeit!
Ein-zweimal im Jahr trifft man Joswig auch in Cottbus - Freundschaften
aus den 80ern sind heute noch frisch, zum Beispiel mit Pianisten
Hans-Wilfrid Schulze Margraf. Rebellisch wie einst intonierte er
mit ihm am Montag Teile des Heine-Programms, mit dem er in schweren
Zeiten des Berufsverbots durchs Land tourte.
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten..., klingt
es zuerst sanft bis dann die Lorelei Schiffer samt Kahn höchst
dramatisch in den Untergang singt. Joswigs Albatros
hingegen wird deswegen noch lange nicht sinken. |

Passionierter Pfeifenraucher und Genußmensch: Rüdiger
Joswig im Künstlerstammtisch. In den 70ern begann er seine
Karriere am Theater in unserer Stadt |