aus dem Hause Cottbuser General-Anzeiger Verlag GmbH

Alles nochmal aufschnüren
amt. Sozialdezernentin Giesecke über Tabus, die keine mehr sind

Sie weiß, was es heißt, mit wenig auszukommen. Christina Giesecke wächst, kurz nach dem Krieg geboren, im thüringischen Sondershausen auf und zieht nach Cottbus, als sie frisch verheiratet keinen Platz mehr im Drei-Generationen-Haushalt hat. Selbstbewußt behauptet sie dennoch, längst Cottbuserin geworden zu sein in 35 Jahren.
Dazu berechtigt sie auch, daß sie mehr als mancher hier Geborene das andere Cottbus kennt. 4000 Sozialhilfeempfänger fallen in ihren Zuständigkeitsbereich und sie weiß was sie sagt, wenn sie meint: ".. in der soziale Hängematte hängt von denen keiner!". Es liegt in der Natur der Sache, daß beim Sozialen immer das meiste ausgegeben und das wenigste eingenommen wird, das nimmt sie aber nicht davon aus, ebenso wie andere Bereiche, über Einsparmöglichkeiten nachzudenken.
"Da liegt viel Reserve im Personal", weiß sie und auch, daß sie wegen des Stellenabbaus im Rathaus künftig mit weniger Leuten die selbe Arbeit machen muß.
Oder sogar noch mehr: Derzeit ist noch nicht klar, welche zusätzlichen Lasten die rot-grüne Sparpolitik den Kommunen zumuten wird. Stichwort: Kürzung der Arbeitslosenanspruchszeit oder Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe.
"Bisher haben wir immer nur mehr Aufgaben ohne die nötige Finanzausstattung aufgebrummt bekommen", beklagt sie. Es wäre aber nicht Christina Giesecke, wenn sie nicht immer auch etwas Positives zu berichten fände: "Dennoch haben wir in den letzten Jahren Vieles für diese Stadt Einzigartiges geschaffen, wie z.B. die Schulsozialarbeit, die in Deutschland Spitzen-Noten bekommt."
Gespart werden muß, aber damit sich die Katze nicht fortwährend in den Schwanz beißt, stellt sie sich voll hinter die Botschaft ihrer Oberbürgermeisterin: Priorität haben Ausbildungs- und Arbeitsplätze für die Region. Damit das funktioniert, braucht Cottbus Profil. Bei Sportzentrum, der dazugehörige Schule mit Weltruf und auch dem Olympiastützpunkt wird deshalb nicht gekürzt. Damit künftig die wenigen Gelder für alle anderen eherenamtlich arbeitenden Sportvereine nicht im Sande versickern, soll ein Sortforum Prioritäten festlegen.
Bestes Beispiel, das es geht: Das Turnier der Meister mußte mit 25 000 Euro weniger planen und findet doch statt. So oder ähnlich sollen auch Kultur und Freizeitbereiche räumlich und finanziell "...enger zusammenrücken".
Ob das beschlossene Schulentwicklungskonzept angesichts der bevorstehenden Eingemeindungen und sich ändernder Förderrichtlinien noch zeitgemäß ist, bezweifelt Giesecke: "Das muß alles noch einmal aufgeschnürt werden!" Die 8. Gesamtschule in Sachsendorf, die zur Schließung vorgesehen war, könnte im Zuge der Förderung "Soziale Stadt" komplett saniert werden...
In Sachen Staatstheater gibt es am 25. März einen Gesprächstermin mit dem Chef der Staatskanzlei Speer und Kulturministerin Wanka. "An den Eintrittspreisen wird sich was ändern, denn es gibt weniger Geld für dieses ansonsten unverzichtbare Aushängeschild", will sie nicht verschweigen. Zur Zeit verschlingt das Haus über 80 Prozent der Ausgaben im städtischen Kulturetat. und erreicht damit den selben Wert wie die Sozialhilfeempfänger im Sozialetat. Hier wie dort: Ohne Zuschüsse geht`s nicht. Intelligente Löungen zur Einsparung sind jetzt gefragt, angesichts der angekündigten 5,1 Millionen Euro weniger Schlüsselzuweisungen vom Land in diesem Jahr.
Platz für Visionen hält sie dennoch offen: "Das Dieselkraftwerk soll Kunstmuseum werden - trotzdem!" Auch an das passende Geldgeschenk vom Land glaubt sie noch.

Hintergrund:
Christina Giesecke wurde 1946 in Thüringen geboren. Seit 1967 lebt die gelernte Kindergärtnerin in Cottbus.
Nach jahrelangem Dienst im Kindergarten in der Münzstraße geht sie nach der Wende in die Verwaltung als Referentin für Kindergärten, wird dann erst amtierende, später Chefin des Geschäftsbereiches 2 des Dezernats III in der Stadtverwaltung.
Mit der Wahl von Karin Rätzel übernimmt sie am 6. Mai 2002 amtierend die Stelle des Dezernenten. für den scheidenden Bürgermeister Bernhard Neisener. Seit dem ist sie zuständig für Jugend, Kultur und Soziales.
In ihrem Bereich werden Sozialhilfe und Wohngeldhilfen gewährt (rund 4000 Sozialhilfeempfänger zur Zeit in Cottbus), Schulentwicklungsplanung und Kita-Entwicklung ausgearbeitet, die Gesundheitsvorsorge für die Cottbuser geplant. Zuständig ist das Dezernat auch für die Sportförderung für die Jugend, für die Sportstätten, wie LausitzArena und Stadion der Freundschaft. Bis zum 31. 12. 2004 wird sie die amtierende Dezernentin bleiben, die Stelle ist dann wieder zur Besetzung ausgeschrieben. Christina Giesecke will dann aber ihren Vorruhestand genießen, verriet sie im PolitPiano: "Platz für junge Leute will ich machen!"

Nichts ist mehr Tabu, wenn es um die knappen Finanzen geht. Um für die Stadt eine Zukunft zu sichern, will die amtierende Sozialdezernentin Christina Giesecke Prioritäten setzen: Jugend und sozial Schwache brauchen Hilfe, meint sie. Für andere Bereiche fehlt es manchmal nur an pfiffigen Ideen. Gepräche zur ´Vermarktung des Energiestadions zur "Vattenfall -Arena" sollten anderen die Augen für Reserven öffnen, wünscht sie sich

Ilja Panzer am Klavier ist einer der von guter finanzieller Ausstattung an Musikschulen porfitiert hat. Das soll in Cottbus auch so bleiben, verspricht die Sozialdezernentin
Fotos: GG
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