Cottbus
(gg). Aus der Entscheidung das Beste machen - so der Rat des Ministerpräsidenten
zum Umgang mit dem Landtags-Ja zur Gemeindegebietsreform, erteilt
Donnerstag beim PolitPiano im DoppelDeck.
"Niemand würde die Pläne für eine Fusion von
Cottbus und Spree-Neiße behindern", ermuntert er vor
allem den Landkreis, sich jetzt nicht irre machen zu lassen und
nach vorn zu denken. Und er geht sogar noch weiter: "Warum
nicht auch den Landkreis Oberspreewald- Lausitz einbeziehen?"
Den Blick nach Osten richten
EU-Osterweiterung ab 2004:
Zukunft liegt beiderseits der Neiße
Seine Biografie hat was Planmäßiges: Die Anfänge
Platzecks politischer Karriere liegen in grüner Politik von
unten, führen ihn über den Runden Tisch ins Modrow-Kabinett,
später in die Umweltpolitik, dann zum Posten des Oberbürgermeisters
in Potsdam und zuletzt sogar in den Ministerpräsidentensessel,
den ihm Manfred Stolpe vorwärmte.
Dabei will er sich lieber von dem täglichen Werk beherrschen
lassen, penible Lebensplanung führt zu nichts, meint der betont
schwungvolle Landeschef, der sich ganz gelöst auf die Diskussion
im vollbesetzten DoppelDeck einläßt. Mit spontanem Applaus
wird er schon beim Einmarsch begrüßt.
Für Brandenburg allerdings versucht er langfristig vorzudenken.
"Die Zukunft der Region liegt vor allem beiderseits der Neiße",
faßt er markig zusammen und weiß, daß es neben
den sprachlichen Barrieren auch noch erhebliche in den ostdeutschen
Köpfen gibt. Sich geschäftlich von West nach Ost zu orientieren
- die erste Wende nach der Wende, vor der sich viele regionale Handwerker
und Mittelständler scheuen. "Ab 2004 fließt viel
Geld aus Brüssel nach Polen und weiter ostwärts, das Wohlstandsgefälle
verschiebt sich weg von uns und bringt damit weniger Schwarzarbeit
und langfristig Aussicht auf Aufträge", so beschreibt
er die Chancen der Region.
Angekurbelt werden sollen die durch Transfer von Verwaltungsfachleuten,
die die Wege für die Wirtschaft ebnen - in Ungarn, der Ukraine,
Tschechin und Polen. "Dort muß Deutschland noch viel
skrupelloser werden, andere europäische Staaten haben den Markt
auch entdeckt", weiß er. Und: Den Wegfall des Warenzolls
an der polnischen Grenze ab 2004 sollten die Handwerker der Lausitz
schon heute kalkulieren, sonst haben andere die Nase vorn.
Daß CargoLifter, Lausitzring und Co. im ersten Anlauf keinen
Erfolg hatten, fällt für den Potsdamer unter den Preis
des Risikos. Der Großteil der Investitionen in Schwarzheide,
Schwarze Pumpe oder Dahlewitz hat Erfolg gebracht. Das ist für
ihn wichtig.
Ob er künftig die gewaltigen Aufgaben lieber mit Schwarz oder
Rot stemmen will, läßt er offen: "Man muß
in der Politik immer auf alles gefaßt sein. Es gibt Koalitionsverträge,
die ich einhalten will. Andererseits bin ich froh, daß die
PDS in unserem Land den Stellenwert einer ernsthaften demokratischen
Partei hat", erklärt er und will auch nicht abstreiten,
daß ihm als Zivilisten besser der rote Christoffers in den
Kram paßt, als der "General" Schönbohm. Unschöne
Wortwechsel der letzten Tage seien nur Ausdruck aufgestauter Emotionen,
rückt er seine Koalitionsriege wieder ins rechte Licht.
Zu sehr will er den Demokratie-Begriff aber nicht ausweiten. Er
gilt z.B. für Platzeck nicht, wenn es um die Gemeindegebietsreform
geht. Auch wenn die betroffenen Dörfer wegen der negierten
Bürgerbegehren zornig sind, zeigt er sich unbeeindruckt: "Es
ist Aufgabe des Landtages, solche ein Votum zu werten, nicht aber,
sich ihm unterzuordnen. Dann brauchten wir keinen Landtag",
verteidigt er die Entscheidung.
Anders wird es bei einem großen Land Berlin-Brandenburg sein.
Hier wird der Bürger das letzte Wort haben. Chancen sieht er
dafür, wenn die Stimmung insgesamt besser wird. Impulse erhofft
er sich von Schröders Regierungserklärung am 14. März.
Den Betreibern des Cottbuser Frauenzentrums im Publikum macht Platzeck
Hoffnung. Die Zweckbindung der Mittel für die Kommunen soll
nun doch wieder vorgeschrieben werden. Das würde das Überleben
der Häuser sichern, wenn auch auf niedrigerem Niveau.
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Beifall gab`s im PolitPiano nicht nur für Matthias Platzecks
politische Aussagen. Auffallend viel weibliches Publikum - aber nicht
nur dieses - zollte auch guten Applaus für manchen nonchalanten
Witz des Landeschefs
Fotos: Hnr.

Einer der Gründe für den Ministerpräsidenten, mal wieder
vorbeizukommen: Sängerin Claudia Lattacz vom Cottbuser Konservatorium,
begleitet von Torsten Karow und Ilja Panzer
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