Cottbus (gg). Die älteste Innung innerhalb der Raumausstatter
Deutschlands ist die Cottbuser. Das konnten uns auch die Nürnberger
und Frankfurter Kollegen nicht streitig machen, erklärt
Innungsobermeister Werner Hummel stolz. Das Dokument liegt in der
Innungslade und beweist es: Am 9. September 1670 war es, als sich
der erste des ehrsamen Handwerks der Riemer in Cottbus einen Lehrling
nahm.
Die Ursprünge der heutigen Raumgestalter gehen also auf die
Sattler und Riemer zurück. Über das feine und filigrane
Handwerk am Leder folgten Jahrzehnte und Jahrhunderte später
auch Aufträge für Wandbekleidungen, Stuhlpolster und allerhand
Ausgesuchtes für die Innenräume feiner Leute. Später
kamen auch die Fußbodenbeläge dazu und in jüngster
Zeit die Sonnenschutzanlagen.
Heute sind es noch 14 Innungsbetriebe, die in Cottbus und Spree-Neiße
zu der ehrwürdigen Zunft gehören. Aus Fußbodenlegen,
Schneidern und Polstern ist inzwischen der vielseitige und anspruchsvolle
Beruf des Raumausstatters geworden, Meistertitel inbegriffen.
Drei Lehrlinge sind in diesem Jahr in der Cottbuser Innung freigesprochen
worden. Oder sollte man besser sagen freigeschlagen worden? Der
Akt wird nämlich aufs Feierlichste begangen: Kerzen und historische
Krüge aus der Innungslade schmücken den Raum, mit einem
speziellen Polsterhammer wird der Frischgeprüfte - quasi wie
beim Ritterschlag - zum Gesellen geschlagen. Diese Ehre muß
ihm dann drei Silbertaler wert sein.
Die Taler mehrerer Generationen klappern in der Schatulle
der Innung, weiß Angela Kottusch, die Tochter des Innungsobermeisters,
die heute mit ihrem Mann das Geschäft am Altmarkt führt
und auch schon die Tochter ins Handwerk eingeführt hat.
Doch wie klapperts in der Geschäftskasse? Wie andere Handwerksbetriebe
auch, hängt der Erfolg der Raumausstatter am gut gefüllten
Portemonnaie der Kunden. Dreizehn Jahre nach der Wende hat
aber manch einer schon gemerkt, daß die Handwerks-Qualität
in jedem Fall besser ist als die der Industrie, so Hummel
im Resümee und weiter: Ein Sofa von uns ist meist nicht
teurer als die scheinbar gehobene Qualität aus dem Möbelmarkt
- aber es kann individuell an die Raumsituation angepaßt werden.
So preist er die Vorteile des handwerklichen Services, um den es
Obermeister Hummel mitunter bange ist: Unverständlich,
warum die Bundesregierung das mit der Änderung der Handwerksordnung
untergraben will - so wird Jahrhunderte alte Handwerkskunst runtergewirtschaftet!
Um Reparaturen kümmern sich die Raumausstatter ebenso wie um
Gardinen - passend zur Einrichtung und dem textilen Bodenbelag,
alles auch mit Beratung im Haus und mit schneller Hilfe, wenn es
was zu ändern gibt. Und auch einen gibt es noch, der noch wie
eh und je vor 333 Jahren das Sattlerhandwerk beherrscht. In Guben
fertigt Sattlermeister Milde immer noch die Reit-Sättel.
Am 9. September wollen die 14 Innungsbetriebe gemeinsam im Haus
des Handwerks darauf anstoßen. |
Der Innungsobermeister der Raumausstatter Werner Hummel Foto:
privat
Gesine Kottusch hat in der Innungslade das älteste Protokollbuch
der Sattler-innung gefunden. In Schnörkelschrift steht hier
das Datum 9. Septenmber 1670 verzeichnet. Innungskrüge, Siegel
und die Gesellenmünzen werden so schon über Jahrhunderte
aufbewahrt
Foto: Gabi Grube
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