Vetschau-Märkischheide (tr). Lange Pferdetrecks werden
an diesem Wochenende auf den Lausitzer Straßen unterwegs sein.
Bis auf einen Ort dürfte unsere Spreewälder Heimat wie
ausgestorben erscheinen. Dieser Ort heißt Märkischheide
und befindet sich im Vetschauer Nordosten. Dort findet am morgigen
Sonntag das Große Reiterfest statt. Die Vorbereitungen für
diesen Festtag laufen indes schon seit längerer Zeit.
Ein Dorf packt an
Bereits am gestrigen Nachmittag wurde auf ökologische
Art das Eichenlaub für die Pforte geholt. Ökologisch
deshalb, weil das Laub nur dort gewonnen wird, wo eh´
hätte geschnitten werden müssen, beispielsweise bei der
Wegefreihaltung, erzählt Eberhard Worreschk, stellvertretender
Vorsitzender des Märkischheider Heimatvereins e.V. Im Feuerwehrgebäude
erfolgte am Freitagabend das Flechten der Kränze, der Ehrenpforte
sowie der Girlande für den Ortseingang. Fast das ganze Dorf
Märkischheide, das übrigens bis in die NS-Zeit hinein
Weißagk hieß, beteiligt sich an den vorbereitenden Arbeiten
für das Große Reiterfest. Die Solidarität
im Dorfe ist absolut Spitze, berichtet Eberhard Worreschk
stolz. Und weiter: die Verantwortung für unser Reiterfest
wird vom ganzen Ort getragen. Wir haben hier ein sehr gutes Zusammengehörigkeitsgefühl.
Heute wird auf der Festfläche am Umspannwerk rechterhand der
Straße nach Babow die Bahn hergerichtet und die Pforte eingegraben.
Der große Tag beginnt
Traditionsgemäß am ersten Septembersonntag beginnt das
Reiterfest um 13 Uhr auf dem Märkischheider Dorfplatz. Mit
zünftiger Blasmusik erfolgt eine halbe Stunde später der
Ausmarsch zum Reitplatz. Bis 13 Uhr muß die Anmeldung für
die Läufe erfolgen, da anschließend die Startnummern
ausgelost werden. Im übrigen kann jeder teilnehmen, der ein
Pferd und die dazugehörige Versicherung vorweisen kann. Nach
der obligatorischen Belehrung der Reiter beginnen die Vorläufe.
Dadurch werden die Plazierungen für das eigentliche Flachrennen
festgelegt. Doch auch nicht Plazierten wird mit dem sogenannten
Hoffnungslauf noch eine Chance eingeräumt, am Finale
teilzunehmen. Das Flachrennen ist das Pendant zum Stollenreiten,
klärt Eberhard Worreschk auf. Nach der Getreideernte erfolgt
der Umbruch der Felder. Dadurch entstehen die Schollen, aus denen
sich der Begriff Stollen ableitete, über die dann
geritten wird. Stollenreiten sind vor allem in der westlicheren
Niederlausitz verbreitet.
Die Pferde treten an
Ponys, Kleinpferde, Großpferde und Vollblutpferde gehen in
verschiedenen Kategorien an den Start, um die Chancengleichheit
zu gewährleisten. So braucht ein Pony nur eine
300 Meter lange Strecke zu absolvieren, ein Vollblutpferd hingegen
muß 1 200 Meter laufen. Jedoch sind keine professionellen
Rennpferde zugelassen. Für die meisten dieser Tiere ist es
auch ein Festtag, da sie sonst auf den Feldern der Lausitzer Dörfer
arbeiten müssen. Der offizielle Pferdefesttag ist
übrigens der Leonharditag am 6. November: nach der vielen
Arbeit Schwere an St. Leonhardi die Rösser ehre.
Pferde und ein Hahn
Reiter, die sich beim Flachrennen bereits plaziert haben , dürfen
beim Hahnrupfen auf dem Festgelände nicht antreten; es sei
denn, sie verfügen über ein zweites Pferd. Im Vorjahr
gab es im übrigen keinen Erntekönig, da die Stadt Vetschau
am ersten Septemberwochenende ihr 700jähriges Jubiläum
feierte. Sven Doktor lautet der Name des noch amtierenden Erntekönigs
2001.
Einlagen & Küßchen
Zwischen den verschiedenen Rennen präsentiert die Märkischheider
Jugend den erschöpften Reitern und dem begeisterten Publikum
musika- lische, sportliche oder humorvolle Einlagen. Dazu gehören
beispielsweise Bändertänze, Schubkarrenrennen oder Strohballenweitwurf.
Für das leibliche Wohl ist gut gesorgt. Die Preise für
die Sieger werden durch die Mädchen in ihrer schmucken sorbisch/wendischen
Tracht überreicht. Jedes plazierte Pferd erhält einen
Kranz und der Reiter ein Küßchen. Am Sonntagabend lockt
zudem ab 19 Uhr im Dorfkrug ein zünftiger Reiterball.
Dorf mit Tradition
Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg wurde in Märkischheide festlich
geritten. Auch zur DDR-Zeit lebte dieser Brauch weiter. Er selbst
ist in den sechziger und Anfang der siebziger Jahre mitgeritten,
erinnert sich Eberhard Worreschk. |
Ein Beben wird am Sonntagnachmittag durch den Spreewald rasen,
allerdings kein Erdbeben, sondern das Beben unzähliger Pferde
zum Großen Reiterfest nach Vetschau-Märkischheide.
Beim Flachrennen sowie beim Kokot werden Pferde, Reiter und Publikum
ihren Spaß haben.
Auch beim Hahnrupfen wird die Spannung förmlich in der Luft
liegen. Der Eintritt für das Märkischheider Reitspektakel
beträgt übrigens nur drei Euro
Fotos: Eberhard Worreschk
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