Cottbus.
Geschenke dieser Größenordnung überschreiten
weihnachtliches Maß, auch wenn sie als Dauerleihgabe
relativiert bleiben. Donnerstagabend wurde die Blechensammlung
im Schloss Branitz um drei Original-Gemälde des Meisters
bereichert. Sie stammen aus einem 1945 von den Amerikanern und
seit 1949 von der Bundesrepublik übernommenen Fundus offener
Vermögen. Viele Werke großer Meister, auch Blechens,
sind bis heute verschollen, andere, wie diese, finden keinen Besitzer.
Möglich, dass sie geraubt wurden für Hitlers geplante
Linzer Sammlung, deren Bestand die Alliierten beschlagnahmten.
Stiftungsdirektor Gert Streidt zeigte sich hocherfreut über
die Fügung, die nicht im Selbstlauf geschah. In erster Linie
dankte er Beate Schneider als Verantwortliche der Blechensammlung
und Vorsitzende der Blechen-Gesellschaft. Ebenso verdiene das
Engagement von Wieland Eschenburg Anerkennung, der als Büroleiter
des OB den behördlichen Weg geebnet habe, während eine
ansehnliche Spende der Sparkasse Spree-Neiße die Restauration
ermöglichte. Die Gemälde, die das Mühlental im
italienischen Amalfi darstellen und 1829 entstanden, sind in die
Sammlung integriert und können im Schloss besichtigt werden.
Dezernentin Marietta Tzschoppe, die sich als große Verehrerin
des Landschaftsmalers erklärte, indem sie vor 40 Jahren selbst
in der Natur aquarelliert habe und darauf zurückkommen
möchte, stimmte zu, dass Blechen über Verkaufsläden
hinaus mehr Präsenz in Cotbus verdiene.
Es
ist Zeit für Blechen
Wissenschaft erwartet Taten von Carl Blechens Vaterstadt /
Zuwachs der Sammlung verpflichtet
Cottbus (hnr.) Zwar sei gerade dem kleinen
Führungsteam dieser Stadt Carl Blechen sehr gegenwärtig,
denn jeden Dienstag tage es exakt an jenem Platz, wo Blechen geboren
ist. An der Außenwand dieser Rathausecke befinde sich eine
entsprechende Gedenktafel, und als das Haus noch Rat des Bezirkes
hieß, sei exakt hier von1958 bis 1988 alljährlich der
Carl-Blechen-Kunstpreis verliehen worden. Dezernentin Marietta
Tzschoppe trug die Fakten anlässlich der Erweiterung der
Blechensammlung durch drei Dauerleihgaben der Bundesregierung
vor (oben). Das und die Tatsache, dass sich heute Einkaufsläden
und Pflegeheime den Namen anmaßen, werde der Bedeutung einer
Künstlerpersönlichkeit von Weltruhm aber keineswegs
gerecht.
Prof. Dr. Helmut Börsch-Supan, wissenschaftlicher Berater
der Blechengesellschaft Cottbus, regte am Donnerstag mehr an.
Blechen sei ein schwieriger Künstler, einer mit
empfindsamer Seele. Zwar gebe es von 1940 ein 2183 Nummern
umfassendes Werkverzeichnis, aber viele Zuordnungen seien falsch,
viele Deutungen nicht haltbar. Blechens Sprunghaftigkeit bleibe
rätselhaft, kurz: er sei wohl überhaupt nur aus Cottbus
heraus vollkommen zu verstehen - hier habe der Baum seine
Wurzeln.
Börsch-Supan forderte die Stadt und deren intellektuelles
Potential auf, sich des unermesslichen geistigen Kapitals
zu ermächtigen und Blechen gültig zu erforschen,
wie es wohl Paul Werner als Begründer der hiesigen Sammlung
schon erhofft habe. Ein Vorwurf war unüberhörbar: Wenn
auch die lange deutsche Teilung den Zugang zu vielen Teilen des
Werks erschwert habe - das ist jetzt vorbei! Die Zeit
ist in Cottbus reif für Carl Blechen.
|
Prof.
Dr. Helmut Börsch-Supan: Blechens Wurzeln sind in Cottbus.
Die langen Jahre der deutschen Teilung sind vorbei, nichts entschuldigt
mehr Zurückhaltung in der Werkrezeption Hnr.
|