Cottbus
(h.) Er kann genau hinhören und geht auf Fragen gründlich
ein, ohne Umschweife, meist in bildhafter Argumentation. Das hat
er als Pfarrer gelernt. Rainer Eppelmann, der als Minister für
Abrüstung und Verteidigung, mit Schmidtmütze bedeckt,
immer etwas schelmisch wirkte im demotivierten Strausberger NVA-Offizierskorps,
wollte aber eigentlich nicht Pfarrer sein, sondern hat "noch
mit 18 heimlich unter der Bettdecke geträumt, das zu sein",
was er heute ist: "Mitglied in einem richtigen Parlament".
Über den weiten Weg vom Pfarrer in der Berliner Samaritergemeinde,
in deren Jugendgottesdienste und Bluesmessen Tausende kamen, bis
zum Minister im Modrow- und dann de Maiziere-Kabinett und schließlich
ab Oktober 1990 zum Deutschen Bundestag erzählte Rainer Eppelmann
diesen Donnerstag wortgewandt und urberlinerisch - "Ick fand
det von Waltern (Ulbricht) unfair, det der jesacht hat, du kannst
jetzt uffhörn mit'm Lernen", aber er ging auch auf aktuelle
Befindlichkeiten ein.
Eppelmann kandidiert erneut für den Bundestag und zählt
die Tage bis zum "KaWe", zum Kanzlerwechsel. Warum? Hält
er nichts vom Hartz-Papier?
"Ich bin stark beeindruckt! Na endlich ein Konzept. Aber warum
jetzt und nicht am Anfang einer Wahlperiode. Und: Keine Sau hat
es gelesen, aber das ganze SPD-Präsidium stimmt zu. Unter welchem
Druck müssen die stehen." Nicht nur DIE, wir alle stehen
unter Druck, wirft Moderatorin Gabi Grube ein, und Kollege Denis
Kettlitz hakt nach: Was wird die CDU tun, wenn es diesen "KaWe"
gibt? Eppelmann: "Drei Tage nach Hartz wird es ein Papier der
ersten 100 Tage von Stoiber und Merkel geben. Da werden Sie erkennen:
Wir haben die vier Jahre genutzt; nicht um auf die Regierung zu
schimpfen, sondern Programmatik zu verbreiten." Die SPD sei
zu lange in der Opposition gewesen und habe geglaubt, regierend
sei vieles kurz zu machen. Überhaupt könne Politik weit
weniger, als gemeinhin geglaubt werde. "Günstigstenfalls
kann sie der Wirtschaft Lust machen, Risiken einzugehen", sagt
Eppelmann und weiß, warum der Faktor Wirtschaft dem Wähler
im Osten schwer vermittelbar ist: "Weil: Kapitalist ist etwas
Unanständiges. So haben wir's gelernt " Und nun soll genau
von da Hoffnung kommen.
"Ich bin froh, daß die CDU für Lothar Späth
eine wichtige Rolle vorsieht. Der hat Erfahrung als Ministerpräsident
und von der Wirtschaft hier im Osten. Dem traue ich mehr zu, als
nur das Wegnehmen von Bürokratie aus der Arbeitslosenverwaltung."
Auf letzteres reduziere sich der Kern des Hartz-Papieres, vermutete
Eppelmann, der über viele Jahre Bundesvorsitzender der Christlich
Demokratischen Arbeitnehmerschaft (25.000 Mitglieder) war.
Ich bin sicher, sie werden stolz auf uns sein." "Ich bin
nicht mehr Gemeindepfarrer, sondern in Verantwortung als Abgeordneter."
Allerdings löse Krieg nichts: "Es muß politisch
und ökonomisch begleitend Veränderungen geben."
|
Rainer Eppelmann ist Ur(Ost-)Berliner, war Waffendienst-Verweigerer,
später Pfarrer, Mitbegründer des Demokratischen Aufbruchs
und im deMaiziere-Kabinett Abrüstungsminister. Seit 1990 gehört
er zur CDU, ist Bundestagsabgeordneter seit 3.10.1990 |