Es
könne nicht schaden, den Intendanten der Neuen Bühne Senftenberg,
Heinz Klevenow, zum Künstlerstammtisch nach Cottbus einzuladen,
meinte Moderator Andreas Groebe. "Er könnte den geneigten
Cottbuser Kunstinteressenten mal nach Senftenberg locken."
Recht hat er. Ein bißchen im Schatten des Staatstheaters stehend,
verträgt das ehemalige Theater der Bergarbeiter zusätzliche
Werbung. Das um so mehr, als es für außergewöhnliche,
von Kritikern bejubelte Inszenierungen sorgt und mit dem Amphitheater
Großkoschen über eine romantische zweite Spielstätte
verfügt. Dort läuft im nächsten Sommer noch einmal
die "Reise um die Erde in 80 Tagen" nach Jules Vernes
unverwüstlichem Klassiker der Abenteuerliteratur, in diesem
Jahr mit großem Erfolg gezeigt. Als zweites Stück kommt
"Blutiger Honig" hinzu, eine Gangstergeschichte um Prohibition
- halten Sie sich fest! - im Reich der Insekten. Heinz Klevenow
freut sich schon jetzt auf diese "völlig absurde Geschichte".
Ambitionierter
Schlosser
Klevenows Werdegang
war nicht von Anfang an auf Theater ausgerichtet. Gelernt hat er
erst einmal einen "soliden" Beruf: Landmaschinenschlosser.
Bald aber ging er an die renommierte Volksbühne - als Bühnenarbeiter.
Von da war es nicht weit zum Besuch der Schauspielschule Berlin.
Es folgten Engagements in Weimar und Stendal. 1969 kam er zum ersten
Mal nach Senftenberg. Fünf Jahre schauspielerte er hier, bis
er ein Engagement am Landestheater Halle annahm.
"Dort hatte ich den Wunsch, mal selbst zu inszenieren",
begründet er sein anschließendes fünfjähriges
Fernstudium. Seine erste Regiearbeit war dann doch etwas Unerwartetes:
ein Puppenspiel. So sammelte er gleich wieder neue Erfahrungen und
übernahm für zwei Jahre die künstlerische Leitung
am Puppentheater Halle. Später verschlug es ihn noch kurz an
Bühnen in Rudolstadt und Rostock, bis er im Dezember 1989 als
Intendant in Senftenberg landete.
Begleiter der Kinder
Es war eine
schwierige Zeit. Das Theater erhielt eine neue Spielstätte
- angefangen zu einer Zeit, als noch die Arbeiterfestspiele im Bezirk
Cottbus geplant waren. Heinz Klevenow mußte also bauen. Das
Theater als Gebäude.
Und das Theater als Ensemble. "Ich habe frühzeitig erkannt,
daß die DDR nicht weiterbestehen wird. Keiner würde mehr
Geld ausgeben für ein Theater dieser Größe."
So hieß es sich verabschieden vom Mehrspartentheater und einem
Teil des Personals. 230 Planstellen gab es damals, heute sind es
94.
Klevenow wickelte das Musiktheater und das Orchester ab und schlug
eine neue Richtung hin zum Kinder- und Jugendtheater ein. Seine
Motivation: "Gerade Kinder und Jugendliche würden es schwer
haben bei der Umstrukturierung im Land. Wir wollten sie auf ihrem
Weg begleiten."
Das machen die Senftenberger offenbar mit großem Erfolg. "Wir
müssen kaum noch Vorstellungen unterbrechen, um Jugendliche
zu ermahnen: 'Entweder ihr haltet den Rand, oder ihr geht nach Hause.'"
Im Repertoire sind Stücke wie Goethes "Faust", Sophokles'
"Antigone" und Lessings "Nathan" - Klassiker
mit jenen Werten, die nie verlustig gehen dürfen. Die Jüngeren
können "Dornröschen" besuchen oder "Frau
Holle" oder auch "Odysseus", der kurz vor der 100.
Aufführung steht. Shakespeares "Macbeth" richtet
sich ans ältere Publikum und wird deshalb abends gespielt.
Die Senftenberger reisen viel. "Wir sind das Theater in Brandenburg,
das die Kultur des Landes am meisten nach draußen trägt",
sagt Klevenow stolz über die vielen Gastspiele im In- und Ausland.
"Unsere Schauspieler freuen sich, mal vor 'Bildungspublikum'
zu spielen, in Häusern mit 800 gerammelt vollen Plätzen."
Im Großen Saal der heimischen Neuen Bühne finden (nur)
295 Zuschauer Platz.
Kennzeichen-Kontrolleur
Im Amphitheater
am Senftenberger See immerhin 600. Mit dieser Bühne erfüllte
sich für Heinz Klevenow ein Traum, was ihn von einem bereits
ins Auge gefaßten Weggang aus Senftenberg abhielt. "Es
hat etwas mit der Vision vom Aussehen der Lausitz zu tun. Seit 1994
sind wir mit dieser Idee schwanger gegangen", erinnert er sich.
Die Begeisterung bei den "Verantwortungsträgern"
hielt sich jedoch in Grenzen. "Es hat verdammt lange gedauert,
bis die Region Blut geleckt hat." Das Projekt drohte an der
Finanzierung zu scheitern, bis sich das Landwirtschaftsministerium
erbarmte. "Die haben das gemacht, ohne groß zu diskutieren",
wundert und freut sich der Intendant gleichermaßen. 2,8 Millionen
Mark kostete die Bühne. Vor zwei Jahren eröffnet, hätte
sich mittlerweile auch sein Ensemble ("Schauspieler spielen
nicht gern im Freien") daran gewöhnt. Die Faszination,
die das Amphitheater ausübt, ist groß und länderübergreifend.
Dazu müssen nicht einmal die Zuschauer befragt werden. Es reicht,
die Autokennzeichen auf dem Parkplatz zu kontrollieren.
Intendant
auf Abruf
2004 wird Heinz
Klevenow den Staffelstab als Intendant nach 15 Jahren weitergeben.
Er hofft, daß sein Nachfolger die inhaltliche Linie des Theaters
weiterfährt: "Sie ist richtig und wichtig."
C.N.
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15 Jahre als Intendant will Heinz Klevenow vollmachen. 2004 tritt
er ab |